Chromatic 3D ist ein Unternehmen, das in der Industrie durch 3D gedruckte Elastomer-Teile auf sich aufmerksam macht, die über eine enorm hohe Festigkeit verfügen und dennoch flexibel, kostengünstig und nachhaltig in der Herstellung sind. Neben flachen O-Ringen, L- und T-Dichtungen oder verschiedene Flansch-Dichtungen fokussiert sich Chromatic 3D vor allem auf kundenspezifische und anspruchsvolle Bauteile. Technische Basis: eine Kombination additiver Verfahren und chemischer Reaktionen. Bart Engendahl, Geschäftsführer Chromatic 3D Materials GmbH skizziert die Anfänge der erfolgreichen Kooperation mit den Ingenieuren aus dem Business Development von ViscoTec – eine Zusammenarbeit, die bis heute andauert.

Wo trafen Sie erstmals auf das Additive Manufacturing Team von ViscoTec?

Bart Engendahl:

Im Jahr 2019 trafen wir auf der Messe formnext auf Felix Gruber vom Business Development Additive Manufacturing bei ViscoTec. Gemeinsam mit meiner Kollegin und CEO Chromatic 3D Materials Inc., Cora Leibig sprachen wir erstmals miteinander.

Gab es einen konkreten Anlass oder war es anfangs reines Interesse?

Bart Engendahl:

Nein, das war schon recht konkret: Bei Chromatic 3D waren wir auf der Suche nach einem Extruder. Dieser sollte mit einer 3D-Drucksteuerungssoftware kompatibel sein. Chromatic 3D wollte zudem, dass er 2K-Polyurethan dosieren kann – hier hatten wir intensive Gespräche mit Felix Gruber von ViscoTec.

Wie hat Chromatic 3D denn vorher das Fluidhandling realisiert?

Bart Engendahl:

Unsere Ingenieure haben u. a. Versuche mit kolben- und luftdruckbetriebenen Dosiersystemen durchgeführt. Damit waren wir nicht so happy.

Wissen Sie, welche Ergebnisse es gab und welche Schlussfolgerungen man daraus zog?

Bart Engendahl:

Die größten Knackpunkte bei diesen Versuchen waren die Genauigkeit und die Durchflusskonstanz. Diese waren für Chromatic 3D und das, was erreicht werden sollte, nicht zufriedenstellend.

Welche Lösungsansätze konnte ViscoTec hier einbringen?

Bart Engendahl:

Die ViscoTec Ingenieure vom Business Development – unter Ihnen auch Simon Kasböck – erkannten gleich das Potenzial ihrer Druckköpfe für zweikomponentige Materialien. Diese erreichen einen theoretischen Volumenstrom zwischen 0,03 – 6,00 ml/min pro Druckkopfhälfte. Dosieren lassen sich damit eine Vielzahl von Materialien wie etwa Silikone, Polyurethane, Epoxidharze, Acrylate oder Polyesterharze, um nur einige zu nennen.

Gibt es neben den eingangs erwähnten Dichtungen noch andere Produkte, die sich besonders für die Fertigung durch Chromatic 3D eignen?

Bart Engendahl:

Eine Nische die Chromatic erfolgreich bedient ist die Herstellung von Teilen, die in der Gegenwart nur noch eine geringe Nachfrage am Markt haben, aber für den Betrieb von Maschinen oder Anlagen zwingend benötigt werden. Die Möglichkeit diese „Ersatzteile“ schnell zu drucken, spart Verantwortlichen in der Industrie Zeit und Geld. Deutlich wird das z. B. bei einem Polyurethan-Puffer für ein Drehgestell aus dem Jahr 1967. Ohne Materialdaten und nur mit einer alten 2D-Zeichnung war es viel zu kostenintensiv ein solches Teil zu reproduzieren. Chromatic 3D erstellte basierend auf einem gleichwertigen Teil ein 3D Modell, druckte es aus hochwertigem Material und testete es. So kam der Kunde schnell und mit geringen Kosten an sein Ersatzteil.

Und was leistet ViscoTec hier bei den Prozessen?

Simon Kasböck:

Wir sind nicht nur Kooperationspartner, sondern auch Technologielieferant und unterstützen bei der Fehlersuche. Chromatic 3D fertigt seine Bauteile ja ausschließlich auf 3D-Druckern. Und diese entwickelt man nicht nur im eigenen Haus, sondern baut sie auch dort. Teil dieser anspruchsvollen 3D-Drucktechnologien sind unsere vipro-HEAD 5/5 Druckköpfe. Wir von ViscoTec haben Chromatic3D dabei unterstützt, die vipro-HEADs in ihre RX-Flow-Drucker® Technologie zu integrieren. Und natürlich schauen wir auch, für welche unserer Kunden sich die Chromatic 3D-Anwendungen eignen könnten.

Können Sie mehr zu Material und Technologie sagen?  

Bart Engendahl:

Wir haben sowohl das RX-AM-Material® als auch die Technologieplattform für die additive Fertigung erfunden. Die Harze, die auf der Plattform zum Einsatz kommen sind aus der eigenen Entwicklung. Die Harzentwicklung ist etwas, was Chromatic 3D von anderen Marktteilnehmern unterscheidet – quasi ihr Alleinstellungsmerkmal. Nachgefragt werden Dichtungen etwa für den Bau von Maschinen, Zügen oder Autos und sogar für Flugzeuginnenräume. Chromatic 3D erfüllt deshalb die Anforderungen an die Entflammbarkeit, wie sie in der Luft- und Raumfahrtindustrie verpflichtend einzuhalten sind.

Warum ist das Dosierequipment bei diesen Harzen so wichtig?

Simon Kasböck:

Vereinfacht ausgedrückt steht und fällt die Qualität des Chromatic 3D Endproduktes mit einem verlässlichen und präzisen Fluidhandling. Nur, wenn das passt, entstehen präzise Bauteile in der vom Kunden spezifizierten Materialqualität.

Welche Hürden musste das gemeinsame Team bewältigen?

Bart Engendahl:

Die Versuche, die wir bei Chromatic3D Materials durchgeführt haben, dauerten etwa ein Jahr. Dann erst wies das 3D-Druckharz Eigenschaften auf, mit der sich der Druck in der gewünscht hohen Qualität realisieren ließ. Chromatic 3D entwickelte in dieser Zeit auch eine neue Slicing- und Post-Processing-Software. Die Konstellation unserer Kooperation erwies sich als optimal: Chromatic 3D ist der Experte in der Materialformulierung und Einstellung.

Simon Kasböck:

ViscoTec übernimmt die Dosiertechnologie. Zusammen haben wir für das sehr komplexe Material den perfektem Druckprozess gefunden und im Rahmen unserer Kooperation sogar eine 4K Variante entwickelt und voll umgesetzt. Das lief super, denn Chromatic 3D entwickelte die entsprechenden Materialien und legte diese komplett auf den Prozess aus. Wenn man sich jetzt das Gesamtpaket betrachtet, sehen wir alle ein großes Potential für den Chromatic 3D Fertigungsprozess: Die hervorragenden Materialeigenschaften und der stabile Prozess erlauben eine einfache Skalierung nach oben.

Wie geht es weiter?

Simon Kasböck:

Wir werden Chromatic 3D weiterhin bei der Optimierung des Dosierprozesses und darüber hinaus unterstützen. Und natürlich werden wir auch in Zukunft bei einigen Sonderaufgaben an Bord sein wie der Entwicklung neuer Varianten unserer Druckköpfe. Die additive Fertigung mit Fluiden und Pasten ist derzeit noch nicht so bekannt, wie etwa der Filament 3D-Druck oder das selektive Lasersintern. Unternehmen wie Chromatic 3D sind in der Lage das Potential der Technologie zu zeigen – das ist extrem wichtig für unser Business Development.